Gestern ging die dritte Etappe meiner Radreise zu Ende und Gerd hat heute morgen den Zug zurück nach München genommen. Aber der Reihe nach 🙂
15.09.2020
Wer mich kennt der weiß, dass ich schon seit vielen Jahren ein großer Fan von Zotter Schokolade bin. Mich begeistert die Vielfalt und Buntheit des Sortiments ebenso wie die Tatsache, dass hier ein paar grundsätzliche Dinge ganz anders gemacht werden, als in der Süßwarenindustrie üblich. Vor kurzem habe ich zum Beispiel in einer Dokumentation gesehen, dass das Werk von Ritter Sport fertig conchierte Kakaomasse und Kakaobutter jeden Morgen fertig und flüssig im LKW angeliefert bekommt. Das Werk selbst ist dann im Grunde ein Zusammenmischbetrieb. Wie anders ist dem gegenüber die Bean to Bar Herstellung von Zotter, wo die unterschiedlichsten Kakaosorten in Form von Bohnen in rohfermentiertem Zustand angeliefert werden. In der Manufaktur wird dann gereinigt, geröstet, gebrochen, gewalzt, conchiert und schließlich in viel Handarbeit zu mega Schokoladenköstlichkeiten verarbeitet. Beinahe unnötig zu erwähnen, dass wir hier über fair und direkt gehandelte Biowaren reden. Bei mir zu Hause lagert immer irgendwo die eine oder andere Tafel von Zotter und liebe Menschen in meinem Leben wussten mir auch schon mit einem Schokoladenadventskalender und dergleichen eine große Freude zu machen 😉 .
Vor ein paar Jahren war ich dann bereits einmal in Bergl bei Riegersburg und habe mir die Schokoladenmanufaktor angesehen, was mich restlos zum Fan bekehrt hat. Nun liegt Bergl von meiner Heimat aus gesehen nicht unbedingt auf den üblichen Reiserouten, sonst wäre ich vermutlich längst Dauergast in der Fabrik. Glasklar, dass ich meinen „Zwangsaufenthalt“ in der Steiermark auf dieser Radtour dann auch entsprechend für einen Besuch nutzen musste.
So habe ich mir den Gerd geschnappt – bekennenderweise überhaupt kein Schokoladenfreund – und wir sind nach einem kurzen Frühstück ohne Gepäck auf unseren Rädern nach Bergl getrappt.
Nach einem kurzen Infofilm (Kakao statt Kokain, Zotter in Peru) konnten wir loslegen. Den Rundgang durch die Manufaktur gab es diesmal unter Coronabedingungen. Viele der Probierstationen während des Rundgangs insbesondere für Kakaovorprodukte (geröstete Bohnen, Nibs, etc.) mussten geschlossen bleiben. Die komplett gläserne Fabrik war gleichwohl auch beim zweiten Besuch wieder spannend. Hier wird nichts versteckt. Man kann Blicke in die Warenlager ebenso erhaschen wie auf die großen Maschinen der Kakaoherstellung. Man sieht Mitarbeiter im Labor und bei der Produktion. Und überall riecht es umwerfend und typisch nach Kakao. Das Herzstück der Tour, das Schokoladentheater, war dann mit Plastikhandschuhen und speziellen Schälchen trotz Corona zugänglich. Etwas schwierig dabei: Man durfte sich an zahlreichen Stationen mit Probierproben eindecken und diese dann ohne Mundschutz an dafür aufgestellten Tischen vernaschen. Aufgrund der schieren Vielzahl war dann aber schon nicht mehr klar, was man da eigentlich genau in der Schale hatte. Hatte einem eine Schokolade besonders gut geschmeckt, war die Zuordnung natürlich etwas schwierig. Das ist etwas einfacher, wenn man direkt an den Probierstationen naschen kann. Gleichwohl habe ich auch diesmal einige Neuentdeckungen gemacht. Richtig umgehauen hat mich diesmal eine Fruchtschokolade: Die Fruchttafel Maracuja. Unglaublich, was da im Mund passiert. Ein weiteres, persönliches Highlight: Die Mitzi Blue Marrakech mit ihrer tollen Kardamom-Gewürz-Note und den Rosenblättern. Da fühlt man sich wirklich direkt in den Orient versetzt.
Die für Zotter so typischen Schichtschokoladen gab es dann am Ende noch in einer kleinen Probierpackung zu verkosten. Marzipan und Mandeln hat mir hier besonders geschmeckt. Das klingt ja erst mal doppelt gemoppelt, schmeckt aber einfach nur Hammer und vor allem nicht so süß wie reine Marzipanschokolade.
Nach dem Besuch in der Schokoladenfabrik schlendern wir noch durch den „essbaren Tiergarten“. Hierbei handelt es sich um eine riesige Parkanlage in einem Tal direkt hinter der Manufaktur, in der es eine Vielzahl teilweise rar gewordener Nutztierrassen zu besichtigen gibt. Das Besondere: Im zugehörigen Restaurant können die Tiere dann auch gleich verkostet werden. Schau deinem Essen in die Augen. Provokant, aber genau das, was die Welt in meinen Augen braucht.
Bei unserem Spaziergang unterhalten wir uns über das gerade Erlebte und auch Gerd ist enorm begeistert und redet davon, dass er einmal mit seiner Freundin wiederkommen muss. Zum Schokoladenfan ist er nach wie vor nicht geworden, aber er muss in jedem Fall zugestehen, dass das mit Supermarktware rein gar nichts mehr zu tun hat.
Natürlich ist so ein Rundgang in erster Linie auch eine Marketingveranstaltung. Wir sollen begeistert werden und uns soll gezeigt werden, dass hier vieles anders und besser gemacht wird als anderswo. Und natürlich sollen wir am Ende ganz überwältigt im Shop der Manufaktur einkaufen. Der Chef, Josef Zotter, ist als kreativer Kopf und Querdenker omnipräsent. Man kann die Sache aber drehen und wenden wie man will: Das Gesehene bleibt authentisch und ist deshalb so gut. Man glaubt Josef Zotter einfach, dass es ihm ein Anliegen ist, die Welt mit seinem Geschäft ein kleines bisschen besser machen zu wollen. Das finde ich schön und inspirierend. Dies geschieht dabei nicht verbissen und mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit viel Witz und ja – mit Genuss.
Da wir auf unserer Radreise keine Möglichkeit zur Kühlung haben, fällt unser Einkauf eher klein aus. Zur Stärkung für die weitere Reise gönne ich mir aber etwas Doping. Es gibt „Vampirikum“ in der Spritze. Der Choco Shot enthält echtes Schweineblut aus dem essbaren Tiergarten. Zusammen mit Rosmarinöl hat der Shot tatsächlich ein Aroma, das ein bisschen an Blutwurst erinnert, was aber wohl dem Rosmarin und kaum den 5 % Blut zuzuschreiben sein dürfte. Dominant sind aber Geschmäcker nach Kakao und Himbeeren und was gruselig klingt schmeckt sehr lecker. Für echte Vampire genau das richtige!
16.09.2020
Nach unserer zweiten Nacht im Hühnerstall von Thomas (in dem wir übrigens hervorragend geschlafen haben) machen wir uns auf die Socken zur letzten gemeinsamen Etappe. Es wird noch einmal hügelige und anstrengend auf unserer kurzen Etappe (54 km) bis Graz, das wir am frühen Nachmittag erreichen. Wir checken ein ins A&O Hostel in der Nähe vom Bahnhof und sind dann erst einmal platt. Gerd besorgt sich am Bahnhof ein Zugticket für die Heimreise nach München und somit endet unser gemeinsamer Reiseabschnitt.
Kurzes Resümee:
Nach 268 gemeinsamen Kilometern haben Gerd und ich auf meiner dritten Etappe Graz erreicht. Insgesamt habe ich jetzt 945 Kilometer seit meinem Start in Egling an der Paar zurück gelegt und bin schon ein bisschen stolz. Ab Morgen geht es jetzt wieder alleine weiter und wird auch etwas abenteuerlicher. Morgen geht es ins slowenische Maribor. Viel Spaß beim dabei bleiben!
Immer wieder so schön zu lesen!
Macht Spaß, Deine Reiseberichte zu lesen! Wünsche Dir weiterhin viel Glück und noch viele schöne Erlebnisse!